#Artikel3
BENIERS CONSULTANCY

Kulturelle Integration: Interkulturelle Kompetenz

In unserer Zeit der Globalisierung und als deren Folge das damit zusammenhängende Zusammenleben (buchstäblich und figürlich) von Menschen aus verschiedenen Kulturen gibt es im Bereich der Kommunikation manches Mal Probleme, Mißverständnisse, Konflikte usw. Selbstverständlich werden auch Manager, Verkäufer und Einkäufer, die international, d.h. interkulturell operieren, mit diesen Problemen konfrontiert. Mit anderen Worten: In vielen Fällen ist interkulturelle Kompetenz unbedingt erforderlich!

2. Interkulturelle Kompetenz

Was kann man zur Lösung dieser Probleme machen? Wie kann man sich interkulturelle Kompetenz aneignen? Gibt es Möglichkeiten, Hilfsmittel zur Vermeidung interkultureller Mißverständnisse?

Eines steht fest: Abschottung gegen interkulturelle Phänomene, Differenzen nutzt niemandem. Im Gegenteil! Die Erfahrung lehrt, daß zum besseren Verständnis fremder Kulturen und zur Kommunikation mit Menschen aus fremden Kulturen folgende Aspekte von wesentlicher Bedeutung sind:

a. Integrationsfähigkeit;
b. Kommunikationsfähigkeit;
c. Konfliktfähigkeit;
d. die Persönlichkeit des internationalen Managers, Verkäufers, Einkäufers;

2.a Integrationsfähigkeit

Unter Integration versteht man das Einfügen der eigenen Person in die fremde Kultur als auch die Wechselwirkung, die durch eine Verarbeitung äußerer Einflüsse in der eigenen Person stattfindet. Grundvorausetzungen dazu sind:
Empathie: Einfühlungsvermögen: “Walk a mile in the moccasins of another person.”
Das Erkennen von Grenzen:
a Grenzen, die meinem Einfügen in die andere(n) Kultur(en) gesetzt sind (Charakter, Persönlichkeit!);

b Meine eigenen Grenzen in der Verarbeitung der äußeren Einflüsse andererseits.

Die Entwicklung folgender Fähigkeiten:
1. Vertrauen in die eigenen schöpferischen Kräfte gewinnen. (zur Steigerung des Selbstwertgefühls)Verkäufer:"Habe ich kreative Fähigkeiten?"
"Wenn ja, welche?"
"Wenn nein, wie eigne ich mich die für meine beruflichen Tätigkeiten an, so daß ich ruhigen Herzens mit Kunden aus fremden Kulteren Geschäfte machen kann?"
2. Ausdrucksfreude und Gestaltungswillen entwickeln im Spannungsgefüge von Kreativität und planvollem, zielgerichtetem Handeln.
3. Erlebnis, Empfindungs- und Wahrnehmungsfähigkeit stärken und differenzieren.Verkäufer:"Welche besondere Erfahrungen habe ich heute mit Kunden aus fremden Kulturen gemacht? Was fiel dabei besonders auf? Habe ich angemessen reagiert?"
4. Innere Vorstellungskraft entwickeln und die aktive Phantasie ausbilden als Möglichkeitssinn, alternatives Denken.Verkäufer:"Wie kann ich mich am besten in die Lage und in die Gewohnheiten (z.B. Zeitbegriff) meiner Kunden aus fremden Kulturen versetzen, bzw. anpassen?"
5. Toleranz, Offenheit, Neugier und Akzeptanz gegenüber Fremdem, befremdlich Neuem und Anderem entwickeln.Verkäufer:"Ich soll meine Vorurteile Neuem, Anderem gegenüber abbauen."
6. Kulturell bedingte Formen der Produktpräsentation beherrschen.Verkäufer:"Ich kann bei meiner Präsentation für meine arabischen Kunden kein Abbild eines Menschen zeigen, denn das verbietet der Islam."
7. Sich subjektiv und kritisch mit der Welt auseinandersetzen und dabei auch sich selbst erfahren.Verkäufer:"Wie kann ich im Spannungsgefüge von Welt und Ich die eigenen Erfahrungen, Gedanken, Gefühle und Vorstellungen ausdrücken und darstellen?" Wo liegen die Grenzen, die meinem Einfügen in die fremde Kultur gesetzt sind?"

2.b Kommunikationsfähigkeit

a. Verbale Kommunikation: “Beherrschung von Strategien der Kommunikation mit beschränkten sprachlichen Mitteln” ( Knapp-Pothoff 1987).
Grundvoraussetzungen für eine reibungslose Kommunikation im interkulturellen Rahmen sind:
1. Übliche kommunikative Fähigkeiten (Rhetorik, Argumentationen usw.)
2. Wissen über Gesprächinhalte (Worüber unterhält man sich? Worauf bezieht sich der Gesprächspartner?)In südlichen Ländern ist nicht Business, sondern sind menschliche Angelegenheiten das wichtigste Thema: Großeltern, Frau, Kindern, Freunde, Hobbys usw.). Verkäufer aus den westlichen Industrieländern sollen also mit Kunden aus diesen Ländern Geduld aufweisen und nicht sofort geschäftliche Probleme usw. behandeln.
3. Wissen über die eigene Rolle als Ausländer, die damit einhergehenden Erwartungen usw.M.a.W.: Der Verkäufer soll sich die Frage stellen: “ Wie sieht der ausländische Kunde mich? Was erwartet er von mir?”
b. Non-verbale Kommunikation:
Gestus, Mimik, Distanz zum Gesprächspartner, Förmlichkeit usw.

2.c Konfliktfähigkeit

2.c.1 Definitionen

Deutsch (1976): Es kommt dann zum Konflikt, wenn nicht zu vereinbarende Handlungstendenzen aufeinander prallen: objektiver Konflikt. Pruitt & Rubin (1986): Konflikt ist eine wahrgenommene Abweichung von Interessen oder Meinungen, so daß die Parteien aktuelle Strebungen nicht gleichzeitig erzielen können: subjektiver Konflikt. Nach diesen Definitionen ist es möglich, daß objektiv ein Konflikt (Interessendivergenz) vorliegt, subjektiv kein Konflikt wahrgenommen wird.

2.c.2 Formen des Konflikts

Intrasystemkonflikte: spielen innerhalb eines Systems.
Zu dieser Gruppe gehören intrapersonale Konflikte. Diese werden als psychische Konflikte bezeichnet: Motivkonflikte, Entscheidungskonflikte, Rollenkonflikte usw
Intersystemkonflikte: spielen zwischen Systemen.
Hierzu rechnet man interpersonale Konflikte, die als soziale Konflikte bezeichnet werden: Bewertungskonflikte, Beeinträchtigungskonflikte, Kommunikationskonflikte.
Mischformen
Es gibt allerdings Mischformen oder Verbindungen zwischen Konfliktarten und intrapersonalen und interpersonalen Konflikten. Ein psychischer Konflikt kann sozial induziert sein: Normkonflikt, Rollenkonflikt. Oder ein psychischer Konflikt (z.B. Entscheidungskonflikt) kann schwerwiegende soziale Konsequenzen auslösen (z.B. Entlassung eines Teils der Belegschaft).

2.c.3 Interkulturelle Konflikte

Interkulturelle Konflikte sind interpersonale, soziale Konflikte. Unterschiedliche Werte, Normen und Sitten führen leicht zu Mißverständnissen, Differenzen und daraus erwachsenden Frustrationen. Darum ist für international operierende Manager und Verkäufer die Fähigkeit, mit (aufkommenden) Konflikten umzugehen, als Fundament interkultureller Kompetenz entscheidend zur Überlebensfähigkeit im interkulturellen Kontext. Dabei gibt es vier Phasen des Umgangs mit Konflikten:
Erkennen von Konflikten
Verkäufer:

soll Interesse zeigen am Konfliktfall, d.h. die Bereitschaft, dadurch lernen zu können und bildet damit das Gegengewicht zu potentieller Verdrängung.
Analysieren des Konflikts und seiner Ursachen
Verkäufer:

soll Empfänglichkeit für das Andersartige aufweisen. Schwierig, denn das erfordert vom Verkäufer die Fähigkeit zu Objektivität ("Was genau beinhaltet der Konflikt?") bei gleichzeitiger Subjektivität ("Kann ich mich den interkulturellen Differenzen in dem Maße anpassen, daß der Konflikt beseitigt wird?").
Konfliktgegenstand von Konfliktparteien trennen
Verkäufer:

"Inwieweit sehe ich den Konflikt durch meine Brille der Vorurteile? Spielen Stereotypisierungen eine Rolle bei meiner Einschätzung des Konflikts?"
Konflikte nutzbar machen
Verkäufer:

Er soll versuchen, die Konfliktursache zu beseitigen (= Mißverständnisse aus dem Weg räumen) und Lösungen suchen, um die neuen Erkenntnisse für zukünftiges Handeln nutzen zu können.

Das setzt beim Verkäufer kreative Fähigkeiten, Flexibilität und Durchsetzungsvermögen voraus!
Mediation

Vor allem bei interkulturellen Konflikten (z.B. in interkulturellen Teams) schaltet man für die Suche nach Konfliktlösungen einen Mediator (Vermittler) ein. Grund: Interkulturelle Konflikte sind auf grundlegende Orientierungs- und Verhaltenswerte zurückzuführen und daher schwierig zu lösen.

Mediation ist die Vermittlung in Streitfällen durch unparteiische Dritte, die von allen Seiten akzeptiert wird.

Der vermittelnde Mediator hilft den Streitenden, eine einvernehmliche Lösung ihrer Probleme zu finden.
Aufgabe des Mediators ist es nicht, einen Schiedsspruch oder ein Urteil zu sprechen. Vielmehr liegt es an den Konfliktparteien selbst, eine ihren Interessen optimal entsprechende Problemlösung zu erarbeiten.

2.c.3 Interkulturelle Konflikte

2.d.1 Das Enneagramm

In unserer Zeit hat man auf der Suche nach einem tieferen Empfinden und Verstehen des eigenen Selbst großes Interesse an dem Enneagramm. Das Enneagramm, das Jahrtausende alte Wissen über die psychischen “Strickmuster” des Menschen, ist neu aufbereitet mit dem Wissen und den Erfahrungen der Humanistischen Psychologie. Das Wort Enneagramm stammt vom griechischen Wort Ennea, das “Neun” bedeutet und vom griechischen Grammos, das “Punkt” heißt. Im Enneagramm unterscheidet man:

Herztypen:
Typus Leidenschaft Profil
der Helfer Stolz:
– besitzergreifend
– großmütig
– fürsorglich
– manipulativ
– Der Helfer möchte geliebt werden.
– Darum macht er sich gerne unentbehrlich
der Macher Eitelkeit:
– selbstsicher
– ehrgeizig
– erfolgsorientiert
– narzißtisch
– Der Macher möchte aufgrund seiner Leistungen und Erfolge geschätzt werden
der Künstler Neid:
– launisch
– intorvertiert
– depressiv
– schöpferisch
– Der Künstler projiziert seine Gefühle gerne ins Freie und Unerreichbare
– Alles dreht sich bei ihm um die romantische Sehnsucht
Kopftypen
Typus Leidenschaft Profil
der Denker Habsucht:
– scharfsinnig
– analytisch
– exzentrisch
– Der Denker läßt sich nicht ein
– Er braucht einen klaren Blick und Sicherheit
– Darum sammelt er auch möglichst viel Information
der Loyale Angst:
– verbindlich
– pflichtbewußt
– abhängig
– Der Loyale fürchtet sich vor selbständigem Handeln
– Er stützt sich auf die Sicherheit von Autoritäten
der Optimist Maßlosigkeit:
– vielseitig
– impulsiv
– oberflächlich
– Der Optimist stürzt sich in hektische Betriebsamkeit
– Er ist allem Neuen aufgeschlossen
Bauchtypen:
Typus Leidenschaft Profil
der Führer Wollust:
– selbstbewußt
– expansiv
– agressiv
– Der Führer liebt die Macht um der Macht willen
– Er geht keiner Auseinander-setzung und Herausforderung aus dem Weg
der Friedliebende Trägheit:
– friedfertig
– anpassungsfähig
– gleichmütig
– Ihm ist an harmonischen Beziehungen gelegen
– Seine eigenen Ziele verliert er gerne aus den Augen, wenn sich die Gelegenheit bietet, Wünsche anderer zu erfüllen
der Perfektionist Zorn:
– rechthaberisch
– prinzipientreu
– streng
– Für den Perfektionisten “sollte” und “muß” alles absolut in Ordnung sein

2.d.2 Das Killman-Konfliktmodell

Thomas Kilmann hat Forschungen angestellt in bezug auf Charaktertypen, um zu sehen, welches Verhalten man in Konfliktsituationen zeigt. Auch bei interkulturellen Verhältnissen, Geschäftsbeziehungen gibt es manches Mal Konflikte, Mißverständnisse usw. Das Killman-Konfliktmodell kann ein Hilfsmittel zur Feststellung interkultureller Kompetenz sein. In seinem Konfliktmodell geht Kilmann von zwei verhaltensbestimmende Faktoren aus:
1. Kampfverhalten
2. Kooperatives Verhalten
3. Ausweichendes Verhalten
4. Anpassendes Verhalten
Die erste Frage nun ist: Welches dieser Extremverhalten paßt zu welchem Typ im Enneagramm?

Antwort:

Kampfverhalten : der Führer : Macht, Auseinandersetzungen

Kooperatives Verhalten : der Helfer : Macht, Auseinandersetzungen

Ausweichendes Verhalten : der Loyale : Mag selbständiges Handeln nicht

Anpassendes Verhalten : der Optimist : Ist Neuem aufgeschlossen

Die zweite Frage lautet: Welcher dieser Typen eignet sich am besten für interkulturelle Geschäfte?
Forschungen zeigen folgende Ergebnisse:

Der Führer : ein starker Unterhändler, sehr geeignet für Situationen in den westlichen Industriestaaten

Der Helfer : geeignet für Geschäfte mit Leuten aus anderen Kulturen

Der Loyale : Verzögerungstaktiker: "Wait-for-the-leader"-Typ

Der Optimist : kooperativ eingestellt, eignet sich für Verhandlungen mit Leuten aus anderen Kulturen

3. Zusammenfassung

Interkulturelle Kompetenz ist eine breitgefächerte Fähigkeit, die man sich nicht vom einen Tag auf den anderen aneignen kann. Wegen ihrer Vielschichtigkeit ist das einfach unmöglich!

In diesem Artikel habe ich versucht, einige wichtige Aspekte in dem Prozeß zur Aneignung interkultureller Kompetenz zu behandeln und zu erklären.

Wichtige Voraussetzungen zur Gestaltung interkultureller Kompetenz bei international operierenden Geschäftsleuten sind:
1. dem Maß an Assertivität : das Maß an Selbstbewußtheit / Selbstsicherheit
2. der Bereitschaft zur Kooperation : das Maß an Kooperationsfähigkeit.
Aufgrund dieser verhaltensbestimmenden Faktoren unterscheidet man in diesem Konfliktmodell vier Extreme:

Integrationsfähigkeit:

- Empathie
- Grenzen erkennen im Anpassungsprozeß
- Fähigkeiten im Bereich der Kreativität, Flexibilität
- Gestaltungswillen im Spannungsgefüge von Kreativität und zielgerichtetem Handeln
- Toleranz, Offenheit Anderem, Fremdem gegenüber.

Kommunikationsfähigkeit:

- Verbale Kommunikation
- Non-verbale Kommunikation

Konfliktfähigkeit : Konfliktmanagement

Persönlichkeit

Meine langjährige Erfahrung hat mich gelehrt, daß vor allem Empathie, kommunikative Fähigkeiten und charakterliche Faktoren eine entscheidende Rolle zum Erwerb interkultureller Kompetenz spielen.

Beispiel 1:

Ein fähiger deutscher Verkäufer, der mit einem französischen Kunden verhandelt, untermauert seine Argumente nicht mit Zahlen, Statistiken, sondern hebt vor allem die konzeptuellen Aspekte ("les grandes lignes") des Produktes hervor. Damit zeigt er Empathie, Offenheit Anderem gegenüber und benutzt er seine charakterliche Veranlagung: Kooperationsbereitschaft.

Beispiel 2:

Ein fähiger deutscher Verkäufer, der mit einem arabischen Kunden Geschäfte macht, redet an erster Stelle über persönliche Angelegenheiten. Und erst danach über Business! Denn…in den arabischen Ländern spielt Zeit nicht die dominante Rolle wie bei uns in Europa:

Europäer:"Ich komme morgen um 10.00 Uhr."

Araber:"Ich komme morgen nachmittag, so Gott will."

Andererseits wird der Zeitaufwand für eine Unterhaltung wesentlich großzügiger bemessen als bei uns in den westlichen Industriestaaten. Der deutsche Verkäufer behandelt den arabischen Kunden als Gastfreund!! Er zeigt keine Eile, denn Eile und Ungeduld werden in den arabischen Ländern als unhöflich bewertet. Unser deutscher Verkäufer ist auf ausschmückende und wortreiche Rhetorik vorbereitet.

Auch hier zeigt der deutsche Verkäufer Empathie, Aufgeschlossenheit für kulturelle Differenzen und kommunikative Fähigkeiten.

Copyright © 2003 Prof. C.J.M. Beniers

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